Freitag, 10. April 2009
Urlaub mal anders ?
Eigentlich ist es traurig wenn man im Leben einen Punkt erreicht wo man merkt das man besser für einige Zeit hinter geschlossenen Türen und Fenstern bleiben sollte damit man danach noch ein Leben hat in das man zurückkehren kann.
Irgendwann in meinem Leben hatte ich diesen Punkt erreicht an dem ich ganz unten war und ich wusste dass das Einzige was mich von einer möglicherweise tödlichen Dummheit abhalten würde eine Einrichtung wäre deren Türen abgeschlossen und von deren Fenstern die Griffe entfernt waren.
Ich begab mich also freiwillig in eine Geschlossene Psychiatrie und ob man es mir nun glauben mag oder nicht, ich habe mich nachdem ich einen Tag zeit hatte mich zu fangen zum ersten Mal in meinem Leben das Gefühl so absurd normal zu sein wie sonst keiner.
Ich kam nachts an und nach einem Gespräch mit dem zuständigen Arzt wurde ich auf Beruhigungsmittel gesetzt. Die ersten 24 Stunden verliefen eher ereignislos da mein Kopf noch immer mit meinem inneren Chaos kämpfte und ich für alles um mich rum keinerlei Aufmerksamkeit aufbringen konnte.
Am zweiten Tag fing ich an meine Umgebung wahrzunehmen und mich wieder mit meiner Umwelt auseinander zu setzen.
Ich hatte als Jugendliche den Film „Einer flog über`s Kuckucksnest“ gesehen und ich muss gestehen ich hätte niemals erwartet derart viele Parallelen zu einer echten geschlossenen Station zu finden.
Zu Anfang lernte ich zwei nette Herren kennen die dort ihren Alkoholentzug machten und mit denen ich meinen etwas angeschwärzt-makaberen Humor teilen konnte, was uns wohl allen eine längere Nachbehandlung ersparte.
Man mag kaum glauben was man auf solchen Stationen so alles erlebt und wie normal man sich dann doch plötzlich fühlt.
Zu Anfang tummelten sich noch recht harmlose Gestalten mit uns auf der Station.
Da war eine geistig recht weggetretene ältere Dame die, abgesehen davon das sie wie am Fließband Zigaretten inhalierte, einem sehr undeutlich klarzumachen versuchte das sie nur wegen 60 Cent „hier“ sei und das sie doch 18 Euro hätte erstattet bekommen sollen, aber die Polizei sie lieber einkassiert habe und sie sich beim Bürgermeister beschweren werde der ein wirklich guter Bekannter sei.
Außerdem gab es da noch einen kleinen Mann der nie Schuhe trug und mit seinen 5 Tage alten Socken mehr vom Boden aufwischte als die eigentliche Putzkraft. Er aß und trank nicht nur die eigenen Rationen täglichen Essens sondern leerte auch alle anderen Teller, Tassen und Gläser die andere Patienten zum abräumen auf die Wagen stellten. Ansonsten war er bis auf das dringende Bedürfnis die Matratzen der Mitinsassen zu testen eigentlich nur darauf bedacht bleibende Laufspuren im uralten Linoleum des Stationsflurs zu hinterlassen.
Dann gab es da noch ein paar stille Gestalten die entweder auf ihren Zimmern dahin vegetierten oder dem kleinen Mann Konkurrenz machten indem sie eigene Fußspuren in den Plastikbelag des Flures zu laufen versuchten.
Soweit waren meine ersten beiden Tage damit angefüllt mich entweder mit meinen beiden Ex-Alkis über unsere Situation dank schwärzestem Humor lustig zu machen oder den anderen bei ihren mehr oder weniger sinnfreien Monologen und Beschäftigungen zu zuschauen.

Ein Exemplar hatte es mir von Anfang an besonders angetan denn ich konnte nicht wirklich herausfinden was es tat und warum. Ein Mann mittleren Alters der immer in Jeans und abwechselnd mit Schlafanzugoberteil oder Pullover (unabhängig von der Tageszeit) an irgendeiner Stelle der Station am Boden kauerte und ohne ersichtlichen Grund ab und an die Stelle wechselte. Nach ersten vorsichtigen Tests durch zaghaftes anlächeln bekam ich die Resonanz das er ebenfalls lächeln konnte und das, wenn auch leicht verschreckt, erwiderte. So wurde ich wagemutiger und versuchte es mit ersten Sprachtests. Leider dauerte es eine Weile bis wir zu einer Verständigung kamen denn seine Antworten kamen sehr leise genuschelt und ohne ersichtliche Pausen zwischen den einzelnen Worten so dass ich nach einigen Entknotungen meiner Ohren erst herausfand das er jahrelang als Junkie gelebt hatte und seit 3 Jahren clean war sich aber dank des übermäßigen Konsums illegaler Substanzen eine gepfefferte Psychose eingefangen hatte und nun zur Bibel gefunden hat.
Als ich an diesem Punkt der Erforschung angekommen war wurde es surreal.
Es begann am dritten Morgen als ich mit meinem Morgenkaffee in den Aufenthaltsraum wanderte und mir ein neues Gesicht auffiel.
Alter und Abstammung des Mannes konnte ich nicht einschätzen und da ich neuen Patienten erstmal mit Vorsicht begegnete bekam ich meine ersten Infos zu dem Neuen über meine beiden Ex-Alkis. Er war wohl nachts eingeliefert worden und hatte sich einem der beiden schon vorgestellt, er sei Jesus.
Okay, dachte ich mir, wieso nicht mal was Ausgefallenes. Ich wollte schon immer mal sagen dürfen ich habe Jesus gesehen. Rein christlich gesehen war das fast so gut wie eine Botschaft Gottes selbst zu erhalten, also wieso nicht. Allerdings kam mir irgendwas an „unserem“ Jesus seltsam vor, er hatte zwar langes Haar und einen Bart, sah aber irgendwie nicht wie jemand aus der aus Israel stammt.
Ich mag Dinge die nicht ganz stimmig zu sein scheinen und beobachte sie dann so lange bis ich erkenne wo es nicht zusammenpasst.
Bei Jesus sollte es schnell herauskommen.
Allerdings hatte ich vorher noch eine zweite Begegnung der dritten Art die mich kurzfristig von meinem Jesus-Problem und der Kommunikationsproblematik mit dem Ex-Junkie ablenkte.
Wir bekamen noch einen Neuzugang. Er sah aus wie ein seriöser Physiklehrer, saß auf einem Stuhl auf dem Flur und sang irgendeinen Dixie-Song. Als ich auf dem Weg zum Stationszimmer an ihm vorbeiging hielt er mich auf und fragte mich ob ich das Lied kenne das er sang.
Ich bin der Auffassung das man zu psychisch kranken Menschen nie NEIN sagen sollte solange man sich nicht sicher war das man sie damit nicht auf dem falschen Fuß erwischte, wer weiß schon welchen Grund ein mensch braucht um einem eine runter zu hauen, also bejahte ich die Frage und hoffte damit die richtige Antwort gegeben zu haben.
Es schien so, denn er fragte weiter und verwickelte mich in ein Gespräch in dem ich zum größten Teil glücklicher weise nur zuzuhören brauchte. Bei der ersten Gelegenheit zur Flucht machte ich mich aus dem Staub und ging meiner eigenen Wege.
Ich war noch nicht wirklich weit gekommen als ich hinter mir ein Gespräch auffing was mich stutzig machte. Ich drehte mich um und der liebe Physiklehrertyp der mich eben noch wie ein Wasserfall zu getextet hatte stand stumm wie ein Fisch vor einem Pfleger und gestikulierte auf die Fragen des Pflegers nur nach stift und Papier.
Nanu, hatte ich ihm etwa durch bloßes zuhören alle Worte geklaut oder warum kam kein Ton mehr über seine Lippen ?
Amüsiert beobachtete ich wie der Pfleger erst versuchte den Mann zum reden zu bringen und ihm anschließend resigniert Papier und Stift gab um ihn seine Antworten aufschreiben zu lassen.
So stand ich also auf dem Flur, beobachtete das einseitige Gespräch des Pflegers mit dem so plötzlich Verstummten als Jesus meines Weges kam.
Er stakste in Zeitlupe und mit bei jedem Schritt bis zur hüfte angezogenem Knie den Flur auf mich zu und als er auf meiner Höhe war schaute er mich kurz an, sah wieder weg und sagte:
“ ich BIN Jesus, sick de Lan !“
Aha, mein Jesus war also zum einen Türke und zum anderen auch noch kräftig auf türkisch am fluchen.
Gerade als mein Gehirn das verdauen wollte erklangen aus der Richtung des Verstummten Schläge und ich wendete meinen Kopf zurück um die Ursache des Lärms zu ergründen.
Und da hüpfte er, der so nett physiklehrermäßig aussehende Typ hüfte mit beiden Beinen wie beim Trampolinspringen auf und ab und pfiff dabei sehr unmelodiös vor sich hin.
Na nun wurde es doch wirklich mal interessant auf Station, dachte ich und trat mir dafür schon kurz darauf selbst in den Hintern, denn kaum hatte ich das gedacht kam mein Ex-Junkie um die Ecke aus seinem Zimmer, Tageszeit unpassend in Schlafanzugoberteil und dick wattierter Winterjacke und kaum das er mich sah fing er an zu schreien:
„Der Oberarzt ist falsch herum ans Kreuz genagelt, der Oberarzt ist falsch herum ans Kreuz genagelt, ich bin sündig, der Teufel spricht aus mir !“

Noch am selben Tag ließ ich mich auf eine offene Station verlegen, zuviel ist einfach zuviel und bevor ich bei der Live-Show von „Einer flog übers Kuckucksnest“ mitspiele müssen noch viele weitere Tassen in meinem Schrank kaputtgehen.

Mal ganz ehrlich, wenn ihr irgendwann im Leben mal das Gefühl bekommt nicht mehr ganz dicht im Oberstübchen zu sein, bucht eine Woche All-Inklusiv in einer geschlossenen Anstalt und ihr wisst wieder wie normal ihr eigentlich seid und wie sehr ihr euer Leben lieben und genießen solltet.

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Sonntag, 29. Juni 2008
Spezies und Begegnungen der dritten Art
(rechtschreibfehler dürfen behalten und großschreibungsattribute gegen chips an kasse 3 eingetauscht werden !)

Begegnungen der dritten art sind heutzutage öfter zu finden als man vielleicht meinen würde.
Zum beispiel kann man abends nach einem stressigen tag gelangweilt in einer schlange an der supermarkt kasse stehen und hofft eigentlich nur dass die personen vor einem schnell und zügig ihre waren durch schleusen, damit man endlich nach hause kommt. Man hofft vielleicht auch noch darauf, dass man nicht doch die falsche kasse gewählt hat, an der irgendein trottel so lange braucht dass die anderen anstehenden in den schlangen der anderen kassen schon längst gemütlich zu hause sitzen bis man selbst auch nur ein stük ware aufs förderband packen durfte, aber mehr gedanken macht man sich in solchen momenten eigentlich nicht.
Und dann passiert es.
Ganz vorne bei der kassiererin (heißen die eigentlich noch so, oder haben die neuerdings auch einen wohlgemeinter klingenden namen wie fachkraft für elektronische zahlungsabwicklung oder so ?) steht eine kundin und kramt gerade mit sehr viel enthusiasmus in ihrem geldbeutel um auch ja jedem cent darin kurzzeitig die gleiche aufmerksamkeit zu widmen wie all den anderen cents die sich darin befinden. Sie steht also an der stelle wo man sein geld auf ein mini-plastikschälchen in griffhöhe legen kann und versucht ihr geld möglichst langsam und möglichst genau abgezählt an die servicekraft für den zahlungsverkehr weiter zu geben als sie plötzlich irgendein unbekanntes etwas piekst und sie sich sehr aufgebracht zu der hiter ihr stehenden und völlig ahnungslosen dame umdreht und ihr mit einem gesicht als hätte diese gerade ihre brüste entblößt die folgenden worte entgegen schleudert:
„ können sie nicht etwas mehr abstand nehmen ?“ die dame hintendran steht allerdings schon in sehr großem abstand zu der kundin, da diese den geruchsempfindungen der restlichen kundschaft des supermarktes nicht wirklich wohl gesonnen ist. Und dann kommt ein satz von der zahlungswilligen geruchsterroristin der mich bewogen hat über einen sofortigen rückzug nachzudenken, mich in mein auto zu setzen und mit höchstgeschwindigkeit nach hause zu fahren um mir aus einem inneren bedürfniss heraus die decke über den kopf zu ziehen und den daumen in den mund zu nehmen mit dem gedanken wie verkehrt ich doch manchmal in dieser welt bin. Sie, die aufgebrachte kundin mit einem liebevollen verhältniss zu ihrem kleingeld schimpft also empört weiter mit den worten: „sie befinden sie in meinem energiefeld und stören dieses empfindlich !“
Was soll man da denken ? wie sehr entspricht dieser satz einer von mir wahrgenommen realität und wie sehr fühlt man sich da noch auf dem planeten erde oder auch nur in reichweite des sonnensystems ???
Wäre ich in einem seminar für spirituell suchende mit ziel sein gehirn wieder zu entdecken, ok… da würde man mit solchen aussetzern rechnen, aber an einer kasse im supermarkt, nach einem stressigen tag und dem einzigen wunsch endlich sein ersehntes abendessen bezahlen, einpacken und nach hause bringen zu dürfen ?!
Eigentlich glaube ich nicht an alieninvasionen, aber an manchen tagen bin ich für ein paar sekunden davon überzeugt dass aliens ihre gesellschaftlich untragbaren mit-aliens in raumschiffe packen und anstatt wie bei uns in anstalten zu verfrachten wirklich bei uns absetzen um sie loszuwerden.

Oder man begebe sich zu einem arzt für psychologische probleme und erkläre ihm man müsse trauerarbeit leisten, dieser fängt dann auch fleissig an das gehirn und alles darin befindliche mal eben aus allen schicken kommoden und schubladen zu kramen und schmeisse es aus neusortierungsgründen auf einen haufen mitten im nirvana. Dann fängt er an alles zu betrachten, sortiert vor, entsorgt einiges und packt anderes wieder an einen dafür vorgesehenen platz.
Soweit so gut.
Immerhin hat dieser arzt eine fundierte ausbildung sollte man meinen und damit ist er der fachmann für geistige entrümpelungen. Also begibt man sich, wenn auch mit mulmigem gefühl in seine hände und lässt in das dachstübchen mal ausmisten.
Man breitet sein langes und nicht immer erfreuliches leben vor diesem menschen aus und entblößt dinge die eigentlich extra verschlossen in den hintersten winkeln des dachstübchens in einer großen robusten holztruhe verwahrt werden.
Man erzählt dinge die einem selbst sehr unangenehm sind und lässt sich mit allem was die geistige reife hergibt auf das experiment „gehirnentrümpelung“ ein.
Irgendwann kommt dann die obligatorische frage nach der kindheit und dem verhältnis zu den eltern, auch das ist soweit erklärbar und scheint die seelische putze zu befriedigen. Irgendwann kommt man dann allerdings an einen punkt an dem man selbst etwas von sich gibt was diesen menschen wohl auf irgendeine weise angreift, warum er sich da jetzt plötzlich persönlich involvieren lässt ist wohl eines der vielen geheimnisse des lebens, denn eigentlich geht es ja um einen selbst und nicht um die seelenputze, aber ok. Der folgende dialog unterlegt wie sehr ich für eine neuregelung der arbeitsvorschriften für therapeuten bin, die nach einer gewissen dienstzeit einfach erstmal ausgemustert und für einige jahre aus diesem beruf entfernt werden sollten.
Seelenputze: „wie geht es ihnen denn heute ?“
Ich: „ich bin gefrustet !“
Seelenputze: „können sie mir sagen woran das liegt ?“
Ich: „klar. Ich habe mich sehr darüber echauffiert, dass man mir trotz meiner vorhanden beschwerden eine medikamentöse behandlung verweigert wurde.“
Seelenputze: „welche beschwerden meinen sie ?“
Ich: „massive schmerzen verursacht durch meine diagnostizierte spinalsthenose.“
Seelenputze: „haben sie das von fachärzten überprüen lassen ?“
(das diagnostiziert scheint ihm nicht bis zu den wichtigen stellen im gehirn erreicht zu haben, aber ich bin ja geduldig und erkläre es ihm gerne ein zweites mal)
Ich: „ja, ich war wegen der diagnose (ich betone das wort diesmal, vielleicht hift es ja) sogar eine woche im krankenhaus und habe von 4 ärzten den selben befund bekommen und auch eine einstellung zur bedarfsmedikation.“
Der folgende spruch sollte mich wohl psychologisch fordern, allerdings forderte er mich eher in meiner gehirnaktivität, denn was ausser sprachlosigkeit sollte einem wohl dazu einfallen ?
Seelenputze: „das ist ihre wahrnehmung!“
Ich: „…..“

Nach einigem nachdenken, vielen sekunden stille und mehreren versuchen meinem gehirn einen sinn und damit auch eine adäquate erwiderung zu entlocken entschied ich mich für das einzige was mein gehirn bereit war mir in diesem fall zu geben, den befehl an meine füße mich schnellstmöglich so weit wie möglich aus dem hoffentlich nicht ansteckenden umfeld dieses verwirrten zu tragen.


Mir fallen noch tausend und mehr geschichten dazu ein warun ich trotz meiner antipathie gegen diese aliengeschichten immer mehr zu der überzeugung gelange, dass zumindest einige ausserirdische auf die idee kamen ihre ein paar wenige idiote ihrer eigenen spezies aus entsorgungsgründen vielleicht doch auf unseren planeten verfrachtet und in positionen untergebracht haben in denen sie weitestgehend nicht auffallend agieren können und somit den planeten von dem sie kommen keinen schaden mehr verursachen können. Warum die aliens allerdings meinen das der schaden den sie bei uns verursachen weniger aufreibend ist wird mir wohl immer ein rätsel bleiben.

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Montag, 12. Mai 2008
Hippie-Kinder habens schwer
Aufgewachsen zwischen Demos, Lichterketten und Sit-ins, waren die Spielplätze meiner Jugend das Waldstück welches zur Starbahn West werden sollte, Zeltstädte in ganz Europa mit langen Tischen an denen die Erwachsenen unsere Zukunft und ihre Vergangenheit diskutierten.
Spielzeug war immer irgendwie "richtig" - Holz statt Plastik, Natur statt Barbie, Selbstgebasteltes statt Mattel und richtige Bücher statt Bravo und Marvel-Comics.
Urlaub war keine Konsumveranstaltung sondern freies Leben an entlegenen Stränden und in Ländern in denen man mit Esperanto weiter kam als mit Englisch.
Erziehung war eine Sache der Verständigung und nicht der Vorschriften, Probleme waren Lösungen in Arbeitskleidung.
Während "normale" Kinder sich mit ihren Eltern stritten diskutierten wir mit unseren über Blumen und Bienen.
Freies Denken und selbstverantwortliches Handeln waren unsere Waffen gegen den Zwang der Gesellschaft.
Friedensinitiativen statt Vereine und globale Verständigung statt engstirniges Festhalten an kulturellen Gepflogenheiten.
Musik kam nicht aus dem Radio sondern wurde auf Festivals live erlebt und mit Botschaften für Liebe und Frieden in der Welt durchsetzt.
Kinder wurden von der Gemeinschaft statt nur von den Eltern aufgenommen und keiner sorgte sich um deren Sicherheit weil alle immer irgendwie ein Auge auf alle Jüngeren hatten.

Es war keinesfalls eine normale Kindheit, aber eine die Spass gemacht hat und aus deren Erinnerung ich noch heute Kraft für schwere Zeiten ziehen kann.

Heute ist es für mich ein leichtes die Welt wahrzunehmen und in ihr zu bestehen, mich an Dingen zu erfreuen für die andere kein Auge haben, zu geniessen, mit allen Sinnen.
Aber es ist auch schmerzhaft zu sehen wie sehr die Welt von damals sich von der heutigen unterscheidet und mir die Möglichkeit nimmt eigenen Kindern die gleichen besonderen Erfahrungen zu ermöglichen.

Open-Airs sind heute zu Saufparties mutiert, Demos zu Prügeleien und gemeinschaftliches Denken zu Statusüberprüfungen geworden.
Wer seinem Kind Freiheiten statt Regeln bietet ist wird von anderen verurteilt und wer gibt statt nimmt ausgenutzt.
Hilfe ist eine Sache die ausserhalb der Familie nicht mehr existent ist und Gemeinschaft ist immer von den jeweiligen Vorteilen für den Einzelnen abängig.
Die Gewissheit ein Kind ist gut aufgehoben auch wenn man selbst es nicht im Auge hat ist durch Angst ersetzt vor dem was passieren könnte.
Die Möglichkeit Kinder die Welt frei erleben zu lassen beschnitten durch Zwänge, Konventionen und übereifrige Mitmenschen die sofort zur Stelle sind wenn das Verhalten nicht einer bestimmten Norm entspricht.

Wann hat sich unsere Welt so sehr verändert das es den Kindern nicht mehr möglich ist frei und ungebunden einfach nur Kind sein zu dürfen ?

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Mittwoch, 7. Mai 2008
Wirklich ?
Nimm es mit Humor !
Sei nachsichtig !
Es gibt tausend Dinge die es mehr Wert sind sich darüber aufzuregen !
Bleib einfach...

..klar, diese und andere Kommentare gibt es genug. Nur leider kommen sie immer etwa viereinhalb minuten zu spät.

Mein Telefon im Flur klingelt. Ignorieren oder ran gehen ? Ich entschliesse mich dazu abzuheben, immer voraus gesetzt das ich es auch noch in der Zeit finde in der das nervtötende Gebimmel anhält. Irgendwo in den Tiefen eines Wäschehaufens finde ich das Teil zwischen alten Socken und meinem MP3-Player, was immer der auch da zu suchen hat. Mit einem kurzen gedanklichen Nostalgie-Anflug an die gute alte Zeit des Wählscheibentelefons drücke ich die annehmen Taste und melde mich mit einem kurzen mitteilsamen "Ja ?!"
"Hi, ich bins..." meldet sich eine weibliche Stimme.
Also mal ganz im Vertrauen, wen immer man anruft, klar weiss man selbst wen man anruft immerhin drückt man ja die Tasten und wählt zumindest meistens die Nummer die demjenigen gehört den man sprechen möchte. Leider sitzt der andere nicht neben dran und schaut einem über die Schulter. Wie zum Henker soll ich wissen wer in der Leitung ist wenn "Ich Bins" nicht gerade der Taufnahme ist.
Aber ok, wollen wir mal nicht so sein und spielen erstmal mit, vielleicht finden wir nach ein paar Sätzen mehr ja raus wer die Ominöse Anruferin ist.
"Hi, wie gehts ?!" komme ich meiner Gesprächspartnerin entgegen. Ein gedankliches Schulterklopfen für diesen passenden Satz im passenden Moment, unverfänglich und doch persönlich.
"Naja geht so," fährt die immer noch nicht identifizierte Person fort, "sag mal bist du zu Hause?"
Ein blitzartiges "Nein auf den Bahamas. Ach warte mal da kommt ja der Poolboy mit meinem Drink" schiesst mir durch den Kopf und ist nur durch ein sofortiges Mundschliessen am entweichen zu hindern, was am anderen Ende des Telefons dann wohl wie eine undeutlich gemurmelte Zustimmung geklungen haben muss.
Jetzt mal ganz im Vertrauen - wenn man eine Festnetznummer wählt und während des folgenden Wartens auf die Verbindung keine Ansage erhält das man umgeleitet wird, wo sollte der Angerufene dann wohl sein ?
Und wenn man es als Floskel benutzt um im Gespräch zu bleiben - man überlegt sich jemanden anzufufen, man wählt die Nummer und anschliessend wartet man darauf das der Anruf entgegen genommen wird, da wird einem doch in der ganzen Zeit die das in Anspruch nimmt etwas besseres einfallen, oder ?
Zumindest ist mir jetzt klar wer dran ist, was schonmal ein Fortschritt ist und mir klar macht das ich das Telefon besser zwischen den Socken gelassen und den MP3-Player befreit hätte.

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